Tschernobyl
Erinnerungen an eine Katastrophe
Buch und Regie | Reinhard Schneider |
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Auftraggeber | NDR / SR |
Jahr | 2006 |
Auf einem Markt im nordrheinwestfälischen Münster begutachten Frauen das angebotene Gemüse mit Strahlenmessgeräten. Eine Buchhändlerin in Berlin überlegt eine Flucht in Richtung Westen. In Kiew wuchtet zur gleichen Zeit ein Milizionär eine Holzkiste mit Wodkaflaschen in seinen Jeep. Ende April 1986 erhielt er einen Marschbefehl nach Tschernobyl. Um Platz für den Wodka zu schaffen, schmiss er die vorher in der Kiste befindlichen Gasmasken einfach weg.
Am 26. April 1986 explodierte in der Ukraine zwei Kilometer von der Stadt Pripjat entfernt der vierte Reaktorblock des russischen Kernkraftwerkes Tschernobyl. Für eine Woche spie der brennende Atommeiler radioaktive Stoffe in die Luft. Wenige Tage später erreichte die radioaktive Wolke auch Deutschland.
Was sind die Erinnerungen an die bisher größte Katastrophe in der Geschichte der zivil genutzten Kernenergie? Frauen aus der unmittelbaren Umgebung des Kernkraftwerkes erzählen von radioaktiver Kontamination, von Angst, Hilflosigkeit und Flucht. Eingesetzte Helfer und Spezialisten erinnern sich an lebensgefährliche und chaotische Zustände bei der Katastropheneindämmung.
In Deutschland sind es vor allem dieErinnerungen an ein Gefühl der Angst vor einer Gefahr, die unsichtbar blieb. Es stellten sich übergreifende Fragen nach der Kernenergie und konkrete Fragen: Aus der Wohnung gehen oder nicht rausgehen, was essen, was nicht essen, wie sich verhalten? Manche blieben unbekümmert, andere fantasierten eine Flucht in weite Ferne. Viele, die der Kernenergie bis dahin gleichgültig gegenüberstanden, bezogen Position.
Der letzte Reaktorblock des Kernkraftwerkes Tschernobyl wurde im Jahr 2000 abgeschaltet. Heute geht es vor allem darum, den damals hastig erbauten Sarkophag über der strahlenden Ruine des Block 4 durch eine neue Konstruktion zu ersetzen. Experten geben dem neuen Bau eine Haltbarkeit von 100 Jahren.Weltweit erfordern die bisher angefallenen radioaktiven Abfälle aus über 400 betriebenen Atommeilern einschließlich des Kernbrennstoffs in Tschernobyl Lösungen, die eine Isolation der radioaktiven Stoffe über Jahrtausende garantieren.